Seh- und Hörsehbehinderung gefährdet gesellschaftliche Teilhabe

Die Organisationen des Schweizerischen Sehbehindertenwesens begrüssen den Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) zu Hör- und Sehbeeinträchtigungen in der Schweiz. Der Bericht untermauert die von den Organisationen postulierte Notwendigkeit für fachliche Unterstützung von Menschen mit Sehbehinderung und Hörsehbehinderung und belegt den erhöhten Beratungsbedarf bei Hörsehbeeinträchtigungen.

Der Obsan Bericht zeigt auf, dass wesentliche Bevölkerungsteile von Sehbeeinträchtigun-gen und der doppelten Sinnesbeeinträchtigung, einer Hörsehbehinderung, betroffen sind. 530'000 Personen, oder 6,2 % der Bevölkerung sind gemäss Bericht trotz Brillenkorrektur im Sehen beeinträchtigt, 1,2% haben Beeinträchtigungen im Sehen und Hören. Der Obsan-Bericht thematisiert damit als erster offizieller Bundesbericht die Hörsehbehinderung als eigenständige Behinderungsform.

Der SZBLIND sowie seine Mitgliedorganisationen Schweizerischer Blinden- und Seh-behindertenverband SBV, Schweizerischer Blindenbund SBb, Schweizerische Caritasaktion der Blinden (CAB) begrüssen insbesondere, dass der Bericht ein Verständnis von Behin-derung anwendet, das mit der UNO-BRK kompatibel ist und die Einschränkungen nicht an einem Visus-Wert bemisst. Auch vermeintlich leichte Einschränkungen können situativ gravierende behindernde Effekte haben, zum Beispiel bei kleinen Objekten, schwachem Kontrast, Blendung oder bewegten Objekten. Für ein Kind z.B. im freien Spiel oder für eine schwerhörige, auf das Lippenlesen angewiesene Person, spielt jede Beeinträchtigung eine entscheidende Rolle, sobald durch sie seine Lern-, Entwicklungs- oder Kommunikations-chance ‘behindert’ werden, unabhängig von Vergleichen mit Normwerten.
Das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung IVG wendet diesen breiten Behinderungsbegriff leider allzu oft nicht an. Beurteilungen zur Bereitstellung von Hilfsmitteln oder zur Bewilligung von Unterstützungs- oder Assistenzleistungen werden von Visus-Werten oder Einstufungen auf der Skala der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) abhängig gemacht. Hier ist ein Umdenken hin zu einem breiteren Behinderungsverständnis seitens der Bundesstellen gefragt.

Der Bericht zeigt zudem auf, dass für die Betroffenen und aus gesellschaftlicher Sicht eine angemessene, fachlich kompetente und - wo möglich - präventive Unterstützung im Vordergrund stehen muss. SZBLIND, SBV, SBb, CAB und die kantonalen Fachhilfeorganisationen bieten Menschen mit Sehbehinderung und Blindheit zahlreiche solche Unterstützungs- und Assistenzleistungen an. An insgesamt 38 Fach- und Beratungsstellen in der Schweiz können Betroffene Rehabilitationsfachpersonen und Sozialarbeiter aufsuchen, die konkrete Unterstützung bei Alltagshürden (Orientierung & Mobilität, Kommunikationsbarrieren, Behördengängen etc.) geben und auch in den vom Bericht erwähnten psychischen Beeinträchtigungen der Behinderung Hilfestellung leisten können. Der SZBLIND verfügt zudem über sieben Fachstellen für Hörsehbehinderung und Taubblindheit, die spezifische, auf die doppelte Sinnesbehinderung angepasste Rehabilitationsleistungen anbieten.

Der SZBLIND und seine Mitgliedorganisationen haben in früheren Forschungstätigkeiten die Häufigkeit von Sehbehinderung im Alter betont. Ab 80 Jahren steigt die Betroffenheit in der Bevölkerung auf 28.8%. Insbesondere besteht eine Verwechslungsgefahr zwischen Seh- und Hörsehbehinderung und Demenz. Viele Menschen werden zu Unrecht als dement diagnostiziert. Dabei leiden sie stattdessen unter Einschränkungen im Sehen und Hören und wirken deshalb verwirrt. Dass der Bund hier in seinem Bericht dem Befund der Organisationen des Sehbehindertenwesens zustimmt, empfinden wir als wertvoll, damit Pflegepersonal in Alters- und Pflegeheimen, Spitex-Diensten und betreuende Angehörige auf diese Verwechslungsgefahr hin sensibilisiert werden.

Die Kosten von Seh- und Hörsehbehinderungen auf Grund von Produktivitätsverlusten sowie unbezahlter Sorgearbeit von Angehörigen schätzt der Bericht auf 1,4 Milliarden Franken, sowie immaterielle Kosten in Form von verlorener Lebensqualität auf 1,7 Mia. bis 4,7 Milliarden Franken. Die Organisationen des Blinden- und Sehbehindertenwesens der Schweiz können mit ihren Beratungs- und Begleitungsleistungen sowie der Sensibilisierung der Bevölkerung für präventive Massnahmen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diese Kosten zu minimieren. Um einen optimalen Beitrag zu leisten, ist das schweizerische Sehbehindertenwesen aber auch auf politische und gesellschaftliche Wertschätzung angewiesen.

Link zur Studie: Studie Obsan, Hör- und Sehbeeinträchtigung in der Schweiz


Kontakt:     Nina Hug, Co-Leiterin Marketing und Kommunikation SZBLIND,  Tel.: 078 843 44 93;  hug@szblind.ch;  

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Kathrin Schellenberg
Verantwortliche PR / Kommunikation Deutschschweiz
+41 71 228 68 62
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